Wird ein Grundstück durch den Erblasser zu Lebzeiten übertragen und behält er sich dabei das Wohnrecht oder das Nutzungsrecht vor, wird es oft schwierig bei der Berechnung des Pflichtteils. Das Oberlandesgericht Hamburg hat in seinem Urteil vom 05.05.2015 (Az. 2 U 11/13) hierzu wie folgt entschieden:
Bei der Wertberechnung eines unter Nießbrauchsvorbehalt verschenkten Grundstücks im Rahmen des § 2325 BGB ist der Wert des Nießbrauchs grundsätzlich ex ante anhand der statistischen Lebenserwartung des Nießbrauchsberechtigten zu ermitteln; eine tatsächlich erkrankungsbedingt geringere Lebenserwartung ist nur zu berücksichtigen, wenn die Erkrankung im Zeitpunkt der Schenkung bereits bekannt war und im Fall einer Veräußerung des Grundstücks zu diesem Zeitpunkt auch in den Verhandlungen mit potentiellen Erwerbern preiserhöhend Berücksichtigung gefunden hätte.
War zum Zeitpunkt der Schenkung bereits eine Erkrankung bekannt, spielt die sonst maßgebliche statistische Lebenserwartung für die Berechnung des Pflichtteils keine Rolle mehr. Der Wert der Immobilie (und damit der Pflichtteil), ist wegen des Wohnrechts nicht nur verkürzt zu mindern, sondern wegen der zu berücksichtigenden konkreten Marktsituation, aufgrund einer geringeren Lebenserwartung, unter Umständen sogar zu erhöhen. Im vorliegenden Fall ist es dem Pflichtteilsberechtigten jedoch nicht gelungen, den Beweis zu führen. Als Berechtigter des Pflichtteils ist es stehs schwierig an die hierfür notwendigen Informationen zu kommen. Daher ist es wichtig, zur Durchsetzung des Pflichtteils sich rechtzeitig die notwendigen Tipps vom Fachanwalt für Erbrecht zu holen.