Bei der Durchsetzung der Rechte eines jeden Pflichtteilsberechtigten hängt der Erfolg davon ab, inwieweit Auskunft über den Nachlass und der zu Lebzeiten erfolgten Schenkungen erteilt wird. Zwar gibt das Gesetzt hierfür zahlreiche Möglichkeiten an die Hand, den Erben zur Auskunft zu bewegen, doch scheitert deren Durchsetzung meist an mangelnder Kenntnis der Anforderungen, wie genau die Auskunft zu erteilen ist. Beispielsweise kann der Pflichtteilsberechtigte gem. § 2314 BGB die Erstellung eines Nachlassverzeichnisses durch einen Notar fordern. Oftmals werden dabei vom Erben dem Notar lediglich die Kontoauszüge zum Stichtag des Todes, Rechnungen der Beerdigung sowie allenfalls eine Auflistung beweglicher Gegenstände aus dem Nachlass vorgelegt, die der Notar in einem Verzeichnis auflistet. Eine derartige Auflistung ist aber kein notarielles Nachlassverzeichnis i.S.d. § 2314 Abs.1, S.3 BGB.
Das OLG Bamberg hat in seiner Entscheidung vom 16.06.2016 (Az. 4 W 42/16) die Anforderungen an ein solches notarielles Nachlassverzeichnis konkretisiert. Danach muss der Notar den Nachlassbestand ermitteln und ist für die Feststellungen beziehungsweise für die diese erläuternden Angaben verantwortlich. D.h. nicht, dass er nur Erklärungen der Erben beurkundet. Er muss diese kritisch auf Plausibilität prüfen und den sich ergebenden konkreten Anhaltspunkten nachgehen. Die Anforderungen daran richten sich nach den konkreten Umständen des Einzelfalls. Der Notar muss aber nicht detektivisch ohne bestimmte Anhaltspunkte in allen denkbaren Richtungen ermitteln, um Nachlassvermögen aufzuspüren. Bedeutsam ist, welche greifbaren Zweifel beziehungsweise welche nahliegenden Nachforschungen sich aus der objektiven Sicht eines den auskunftsberechtigten Gläubiger sachkundig beratenden Dritten aufdrängen würden.
Es kommt dabei nicht darauf an, ob ein umfangreicher, sehr zeitintensiver Prüfungs- beziehungsweise Ermittlungsaufwand erforderlich ist, da nicht dieser die Grenze des Aufklärungsgebots ist, sondern derjenige der die Beweisnot des Pflichtteilsberechtigten abhelfen kann. Deswegen ist die Grenze der Pflichten des Notars weit zu ziehen.
Der Notar muss den Erben anhalten, seine Mitwirkungspflichten zu erfüllen und ihm wahrheitsgemäße und auch vollständige Auskünfte zu erteilen, sowie die benötigten Urkunden und Belege lückenlos vorzulegen. Er muss den Erben auf dessen eigene Aufklärungsmöglichkeiten nachhaltig hinweisen und diesen auffordern und gegebenenfalls instruieren, seine Auskunftsansprüche gegen Geldinstitute beziehungsweise dritte durchzusetzen. Der Erbe kann einen Wissensträger anweisen, die Auskünfte gegenüber dem Notar zu erteilen. Schließlich hat der Notar einer Reihe eigener Ermittlungsmöglichkeiten zum Beispiel kann er bei den Hausbanken nachfragen.
Schuldner der Auskunft bleibt aber der Erbe. Ist das geschuldete Nachlassverzeichnis unvollständig und hat der beauftragte Notar nicht den beschriebenen Anforderungen entsprechend gehandelt, ist gegen den Erben auf Antrag ein Zwangsgeld ersatzweiser Zwangshalft gem. § 888 ZPO festzusetzen.